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Wie wird 2015?

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Ecklogo 002Würden Cindy & Gert noch leben, die beiden Orakelfische, dann hätte ich eine Menge Fragen an sie. Fragen zum Jahr 2015, das soeben begonnen hat. Im Vergleich mit traditionellen Vorhersagemethoden wie z.B. Bleigießen und Kaffeesatzlesen hat sich der Orakelfisch in Sachen Zukunftsforschung nämlich blendend bewährt. Ich versuche mal, an die Stelle des Orakels zu treten, auch wenn das, wie ich fürchte, nicht besonders lustig wird.

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Wie wird 2015?

Leider deutet alles darauf hin, dass uns das neue Jahr viel Kummer bereiten wird. Hier in Deutschland leben wir dabei noch wie auf einer Insel der Glückseligen, während ringsherum das Meer tost — so ungefähr stellt sich mir die Lage dar. Es wird uns weiterhin besser ergehen als großen Teilen des Rests der Welt. Was nicht heißt, dass es uns gutgeht. Nur besser. Denn wir sind ein Teil dieser Welt, kleine Rädchen im Getriebe, und bekommen einiges von dem ab, was da draußen vorgeht. 2014 war schon krisenhaft. 2015 wird schlimmer. Folgende Themen werden uns 2015 beschäftigen:

Ukraine

Was vor gut einem Jahr auf dem Maidan in Kiew begann, in der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland gipfelte und derzeit als bewaffneter Konflikt in der Ostukraine weiterschwelt, wird im neuen Jahr für weitere Probleme sorgen. Im Hintergrund ist ein Zusammenprall von Großmachtpolitik sowohl Russlands als auch der USA zu beobachten (dazu gelegentlich mehr hier auf dem Ybersinn). Beide Seiten spielen ein brandgefährliches Spiel, das durch die Sanktionen des Westens gegen Russland noch verschärft wird.

Innenpolitisch sitzt der russische Präsident Wladimir Putin scheinbar fest im Sattel, aber er dürfte 2015 gewaltige Probleme bekommen. Die russische Wirtschaft ist vom Export von Rohstoffen abhängig, vor allem von Erdöl und Erdgas. Durch den Fracking-Boom in den USA gerieten die Weltmarktpreise für Öl und Gas ins Rutschen. Das zwingt die russische Wirtschaft ins Defizit. Zugleich verliert der Rubel an Wert. Putin wird sich 2015 also nicht mehr als Garant für wirtschaftliche Stabilität inszenieren können. Die Russen spüren die Auswirkungen der Krise bereits. Darum hat Putin schon 2014 nationalistische Töne angeschlagen und an den Nationalstolz vieler Russen appelliert. Die Frage ist, wie lange die Russen ihm folgen. Richtig schwierig dürfte es für ihn jedoch erst werden, sollte der innere Machtzirkel in Moskau zu bröckeln beginnen. Putins Macht stützt sich auf die korrupten Oligarchen, von denen er umgeben ist und auf die die Sanktionen des Westens vor allem zielen. Wenn diese Profiteure Putin das Vertrauen entziehen, weil ihnen die Sanktionen wehtun, dann wird es eng für den Präsidenten — und gefährlich für die Welt. Denn wenn Putin in die Ecke gedrängt wird, könnte er die militärische Eskalation wählen.

Die Ukraine ist nur ein Spielball in diesem Hin und Her zwischen USA und Russland (in dem die EU wegen der Zersplitterung ihrer Außenpolitik nur eine untergeordnete Rolle spielt). Russland hat die Separatisten in der Ostukraine bisher unterstützt, dies aber nie direkt zugegeben. Sollte es zu einem offenen Eingreifen regulärer russischer Streitkräfte kommen, wird die Ukraine schnell fallen. Und der Westen müsste zusehen, denn jede weitere Eskalation würde Weltkrieg bedeuten. Die Ukraine ist kein Nato-Staat, es gäbe also keinen Bündnisfall, die Nato hätte kein Recht zum Eingreifen. Hoffen wir, dass unsere Politiker und unsere Diplomaten Wege finden, dieses Szenario zu vermeiden.

Syrien und der „Islamische Staat“

In Syrien geht der Bürgerkrieg weiter. Noch immer sind Millionen auf der Flucht vor dem Krieg. Teils hausen sie in Flüchtlingslagern im nahen Ausland, teils suchen sie Asyl auch bei uns. Der syrische Despot Assad wird sich 2015 vermutlich an der Macht halten können, denn er ist ein gewiefter Taktiker. Die Islamisten vom „Islamischen Staat“ sind ihm mehr als nützlich, denn sie ziehen die Aufmerksamkeit des Westens von ihm ab. Während wir hier in Deutschland fast täglich Neues über die unfassbaren Gräueltaten des IS hören, erfahren wir kaum etwas über die Vorgänge im Bürgerkrieg. Kein Wunder — der IS-Terror ist uns näher, denn aus Deutschland sind mehrere hundert Islamisten in den Dschihad nach Syrien und in den Irak gezogen. Sie werden nach Deutschland zurückkehren. Weitere deutsche Muslime könnten sich radikalisieren. Im Vergleich dazu hat der syrische Bürgerkrieg scheinbar wenig mit uns zu tun.

Der islamistische Terror hat noch andere Ausprägungen, die wir zurzeit ebenfalls wenig zur Kenntnis nehmen. Nur die Verbrechen der Boko Haram („Keine westliche Bildung“) in Nigeria schaffen es regelmäßig in unsere Medien. Kürzlich hat Boko Haram versucht, auf das benachbarte Kamerun überzugreifen. Nach einem ähnlichen Muster agiert die Al-Shabaab in Somalia: Die Islamisten sind mittlerweile auch im Nachbarland Kenia unterwegs, das den USA als Basis im Krieg gegen den Terror diente. Kenia wird 2015 größere Probleme bekommen. Ebenso Libyen, das auf dem besten Weg ist, zum gescheiterten Staat (failed state) zu werden.

Eurokrise

Pünktlich zum Jahreswechsel klopft die Eurokrise wieder an unsere Tür. Die Griechen wählen Ende Januar ein neues Parlament. Die Neuwahl war nötig geworden, nachdem das aktuelle Parlament es im Dezember 2014 nicht geschafft hatte, einen neuen Staatspräsidenten zu wählen. Nun ist die Angst in Brüssel groß, dass die linke Partei „Syriza“ zur bestimmenden politischen Kraft in Griechenland werden könnte, denn „Syriza“ will die Vereinbarungen mit seinen Geldgebern (EU, EZB und IWF) aufkündigen, wenn sie an die Macht kommt. Das Problem ist hausgemacht: Griechenland wurde eine extrem harte „Spar“-Politik aufgezwungen, um die Haushaltsprobleme des Landes in den Griff zu bekommen. Diese Politik hat die griechische Wirtschaft massiv schrumpfen lassen, sie hat Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit und soziales Elend verursacht bis hin zur Tatsache, dass selbst gesundheitliche Notversorgung in Griechenland heute nicht mehr für jeden gewährleistet ist. In wenigen Jahren sollten die Griechen die Probleme ausbaden, die sie sich in mehreren Jahrzehnten durch Korruption und Vetternwirtschaft eingehandelt hatten. Hat irgendjemand wirklich geglaubt, dass das funktionieren würde?

Diese harte Politik, an der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) großen Anteil hat, übersah eines: All die Menschen, die dort ins Elend gestürzt wurden, sind zugleich auch Wähler. In ihrer Perspektivlosigkeit können diese Wähler sich dazu entschließen, extreme Kräfte zu wählen. Warum auch nicht? Sie haben persönlich nichts mehr zu verlieren. Gesamteuropäische Verantwortung? Sie merken nichts davon, dass Europa Verantwortung für sie übernommen hätte. 2011/12 ging es nur darum, Zeit zu gewinnen. Inzwischen ist die Europäische Zentralbank gerüstet, der deutsche Haushalt schreibt eine „schwarze Null“ — wenn die Eurokrise jetzt wiederkommt, dürfte sie in erster Linie dazu führen, dass Griechenland aus der Eurozone ausscheidet. Was die Probleme für Griechenland nicht verringern wird, aber für die Eurozone wäre dieser „Grexit“ (Exit Griechenlands) vermutlich inzwischen verkraftbar, und man hätte ein Problemkind weniger. Zynische Politik? Ja.

Ebola

Die Ebola-Epidemie in Westafrika tobt weiter, und ihre Ausmaße sind weiterhin unklar. Aktuelle Zahlen sprechen von 20.000 Infizierten und insgesamt knapp 8000 Toten vor allem in Sierra Leone, Liberia und Guinea, aber diese Zahlen, hinter denen sich menschliche Schicksale verbergen, scheinen in Europa niemanden mehr aufzuregen. Auch der Hinweis, dass die Dunkelziffer nicht gemeldeter Infektionen hoch sein dürfte, bringt keine weitere Aufmerksamkeit in den Medien. Da muss schon ein neuer Ebola-Fall in Schottland gemeldet werden, damit wir aufhorchen: Ach ja, Ebola gibt’s ja auch noch …

Ich werde demnächst wieder ausführlicher zu Ebola schreiben und möchte meinem Artikel nicht vorgreifen. Daher an dieser Stelle nur eine grundsätzliche Anmerkung: Es dürfte sich mittelfristig als schwerer Fehler erweisen, dass die Weltgemeinschaft so träge und so spät auf die Epidemie reagiert hat. So erhielt das Virus Gelegenheit, sich in ganz Westafrika auszubreiten. Jede einzelne Vermehrung birgt die Gefahr in sich, dass Ebola mutiert. So können neue Varianten entstehen, die womöglich noch gefährlicher sind als die zurzeit grassierende, an der sechs von zehn Infizierten sterben. Ebola ist eines der gefährlichsten Viren der Welt. Auch wenn man die Seuche in 2015 vielleicht unter Kontrolle bekommt, wird sie außer einem verwüsteten Westafrika und kollabierten Staaten Gefahren für die Zukunft bringen, auf die sich diese Welt dringend einstellen muss. Eine globale Impfaktion wird nötig sein, sobald ein brauchbarer Impfstoff entwickelt und zugelassen wurde.

Klimapolitik

Und über allem droht die globale Erwärmung. Manche sagen auch Klimawandel dazu, obwohl das nicht dasselbe ist. Inzwischen ist es weitgehend wissenschaftlicher Konsens, dass die globale Erwärmung zu mehr als 50 Prozent vom Menschen verursacht wird. Ich halte es für lässlich, ja, sogar gefährlich, dies noch länger infrage zu stellen. Schon jetzt wird es schwer, das „Zwei-Grad-Ziel“ zu erreichen — also den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur bei einem Plus von zwei Grad zu begrenzen. Dazu passt die Meldung dieser Tage, dass 2014 das wärmste Jahr seit Beginn flächendeckender Wettermessungen (in Deutschland) war. Das langjährige Temperaturmittel liegt bei 8,2° Celsius. 2014 wurden jedoch 10,3° C gemessen.

Der Klimagipfel von Lima 2014 war ein Reinfall. Alle Hoffnungen der Klimapolitiker richten sich nun auf den Gipfel, der 2015 in Paris stattfinden und auf dem endlich eine Nachfolgeregelung für das Kyoto-Protokoll gefunden werden soll. Die Chancen stehen meines Erachtens schlecht, denn die größten Klimasünder der Welt, die USA und China, müssten sich zu Kompromissen herbeilassen. Vor allem die USA haben daran zurzeit aber wohl kein Interesse, auch wenn Präsident Obama kürzlich andere Töne angeschlagen hat: Infolge des Fracking-Booms sind die USA schlagartig so gut wie unabhängig von Ölimporten geworden. Beim Fracking wird Erdgas aus dem Gestein der Erdkruste gepresst. Erdgas ist ein fossiler Rohstoff, bei dessen Verbrennung Kohlendioxid freigesetzt wird, das als das schädlichste der „Klimagase“ gilt und nach aktuellem Forschungsstand zur globalen Erwärmung viel beiträgt. Die USA müssten ihre boomende Fracking-Industrie bremsen. Das werden sie nicht tun. Ich sehe schwarz für Paris.

„Pegida“

Sagen, was man angeblich nicht sagen darf — zum Schluss noch ein Wort zur „Pegida-Bewegung“. In Deutschland haben sich im Jahr 2014 Gräben aufgetan, die unterschwellig schon lange vorhanden waren. Schon 2012 hat eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung belegt, das knapp ein Viertel der Deutschen manifest ausländerfeindlich eingestellt sind (20 Prozent im Westen, 39 Prozent im Osten). Nun ist eine Angst-Bewegung entstanden, die sich „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ nennt. Eigentlich haben wir ja ganz andere Probleme. Trotzdem spielt auch „Pegida“ in meiner Liste eine Rolle, weil diese „Bewegung“ ein Indikator dafür ist, dass sich Deutschland verändert — und zwar nicht zum Besseren. Diese „Bewegung“ tut etwas, was bei uns zuletzt die Nazis getan haben: Sie erklärt eine ganze Bevölkerungsgruppe zu Sündenböcken.

„Pegida“ wird 2015 einschlafen, denn es dürfte doch recht ermüdend für diese Demonstranten sein, Montag für Montag dieselben Parolen rauszuhauen, die ja schließlich auch durch Wiederholung nicht richtiger werden. Aber die Probleme, die zu „Pegida“ führten, existieren weiter. „Wir sind das Volk“, behaupten die „Pegida“-Demonstranten trotzig und verweigern sich andererseits dem Gespräch. Ein Volk, das nicht mit sich reden lassen will? Ein Volk von Rechthabern? „Wir sind das Volk“ — das ist nichts weiter als eine trotzige Behauptung. Sie sind nicht das Volk. Die Frage, die „Pegida“ eigentlich aufwirft, lautet: Wer sind wir? Das verweist auf eine Debatte, die in Deutschland nie offen geführt wurde: Wer sind wir — mit denen, die zu uns kommen? Oder ohne sie? Wollen wir sie? Brauchen wir sie vielleicht sogar? Denn wir sind ein Einwanderungsland. Ich hoffe, dass die Debatte darüber, wie Deutschland die Einwanderung (die ja ohnehin stattfindet) gestalten will, in 2015 endlich geführt wird.

Ecklogo kleinDas war mal wieder ein langer Text. Trotzdem noch ein paar kurze Worte zu meinen persönlichen Plänen. Ich habe keinen Grund, für 2015 gute Vorsätze zu fassen, denn 2014 war für mich ein gutes Jahr. So habe ich drei E-Books herausgebracht, wenn man Virenkrieg (dessen Veröffentlichung schon 2013 begann), mitzählen möchte; außerdem Schnabels Schnitzel und Der hölzerne Pharao. Aber ich habe natürlich Pläne für das neue Jahr. Außer der Weiterführung der Serie 365 Blicke / 365 vues, die mir viel Spaß macht und die noch neun Monate lang läuft, sind das:

Genetics, mein SciFi-Roman über Experimente an Menschen im größten Genlabor der Welt, soll 2015 in der ePub-Komplettversion erscheinen, so dass er für alle Lesegeräte erhältlich sein wird.

Skylla (Virenkrieg II) soll geschrieben und im Lauf des Jahres 2015 veröffentlicht werden.

Und nicht zuletzt steht in 2015 die Gründung eines Verlags an, der noch in diesem Jahr Virenkrieg — Erstes Buch als gedrucktes Buch herausbringen soll.

Viel zu tun? Natürlich! Es soll doch nicht langweilig werden.

Ecklogo klein

Von Lutz Büge sind bisher diese E-Books erschienen:

Übersicht Cover Romane 2014

+++ Autor Lutz Büge +++ Werk +++ Der aktuelle Roman +++ News +++

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